Geschwindigkeit. Verfolgungsjagden Nervenkitzel. So oder so ähnlich lässt sich das Spielprinzip von Electronic Arts Need for Speed seit 1994 beschreiben. War es damals noch relativ simpel gehalten, wird heute immer mehr erwartet. Seit kurzem gibt es Need for Speed Heat, den neusten Ableger dieser Reihe für PlayStation 4, die Xbox One und den PC. Bitte beachtet, dass Spoiler im Text enthalten sein können!
Das Spiel beginnt mit einer unbekannten Crew und einem Rennen bei Nacht. Der Austragungsort ist die fiktive Stadt Palm City. Sie erinnert etwas an Miami, was deutlich an der Skyline und den Promenaden liegt. Neben den normalen Kontrahenten gibt es in Palm City aber auch noch die Polizei, die den Rennfahrern den Krieg erklärt hat. Denn während in Palm City bei Tag offizielle Rennen einer großen Eventreihe stattfinden, so üben sich die Fahrer bei Nacht in illegalen Rennen und erhöhen ihren Ruf. Und so dauert es bei diesem ersten Rennen nicht lang, bis die Polizei auf den Plan tritt und uns gnadenlos verfolgt – leider haben wir keine Chance. Und so endet unser Wagen unter einer Brücke im Wasser und der anfängliche Fahrer erntet Tritte durch die Polizei. Das nichts schlimmeres passiert ist nur einer Polizisten zu verdanken, die an den Verstand von Police-Officer Frank Mercer appelliert. Und damit ist der Antagonist perfekt ins Spiel eingeführt. Der Fahrer, welcher hier geschnappt wurde, schmeißt hin und hat kein Bock mehr auf Rennen. Damit wechselt das Spiel zum nächsten Morgen.
In der Garage eines örtlichen Tuners wählen wir zuerst einen von zwölf Protagonisten aus. Dies ist eher optisch-spielerischer Natur. Das wirklich wichtige kommt direkt im Anschluss: Der Wagen. Hier stehen zu Beginn nicht viele zur Auswahl. Lediglich vier der insgesamt 127 Fahrzeuge stehen zur Auswahl. Diese haben alle unterschiedliche Eigenschaften, sodass hier für jeden zu Anfang etwas zu finden sein sollte. Weitere Autos können vom Händler gekauft werden – doch der verkauft nur an bekannte Fahrer der Stadt. Ebenso verhält es sich mit Tuningteilen.
Damit wir genug Geld haben uns solche Teile und Fahrzeuge zu kaufen, stehen am Tag verschiedene legale Rennen zur Verfügung. Hierbei handelt es sich zu Beginn um die Standardrundkurse, wie man sie aus vielen verschiedenen Spielen bereits kennt. Später kommen noch andere Rennarten hinzu. Doch jederzeit befinden sich auf der Rennstrecke nur die Kontrahenten, niemals Polizei oder Unbeteiligte. Zu Beginn ist es relativ knackig, hier zu gewinnen (Schwierigkeitsgrad: Mittel). Doch diese Herausforderungen machen richtig Spaß und fesseln, sodass man hier jederzeit mehr will. Während des Tests hatte ich auch das Gefühl, dass es wirklich etwas bringt, Rennen immer wieder zu fahren und zu lernen. So hat man außerdem schnell ein kleines finanzielles Polster, das ausgegeben werden möchte.
Damit dieses Polster ausgegeben werden kann, braucht es allerdings Ruf. Durch die Rennevents sind viele namhafte Fahrer in der Stadt und die Händler halten die wenigen Teile, welche noch verfügbar sind, für die richtig guten Fahrer zurück. Dann muss also auch für den eigenen Fahrer ein Ruf her! Diesen erfährt man sich allerdings nur Nachts. Hier kommt es bei den illegalen Straßenrennen darauf an, dass man geschickt dem Stadtverkehr ausweicht und gleichzeitig der Polizei. Während die Tagrennen direkt nach der Fahrt über die Ziellinie enden, werden Nachtrennen direkt weitergeführt ohne Ladezeiten. Beim ersten Fahren hat mich das tatsächlich dermaßen überrascht, dass ich umgehend in der Botanik gelandet bin. War man beim Rennen erfolgreich vorne dabei, hat die Polizei auch vom eigenen Fahrzeug etwas mitbekommen und die Verfolgungsjagd beginnt. Zu Beginn wirkt die Polizei übermächtig, was gut zum gesetzten Setting passt. Zum Glück lassen sich Polizeifahrzeuge im Gegensatz zum eigenen Fahrzeug leichter zerstören, sodass man unliebsame Verfolger schnell abhängen und sich dann in einer der vielen Garagen verstecken kann. Mit dem Verstecken endet dann auch die Nacht und die erfahrenen Rufpunkte werden mit dem Heat-Multiplikator verrechnet. Erst dann sind diese auch sicher! Wird man zuvor noch geschnappt, sinkt nicht nur der Heat-Level, sondern man verliert auch etwas Geld und natürlich Ruf. Ein Fahrer, der sich von der Polizei erwischen lässt, ist da draußen nicht viel wert!
Sehr schön dabei: Ruf und Geld lassen sich tatsächlich nur durch Rennen im Spiel erfahren. Lootboxen oder Ingame-Käufe gegen Echtgeld bietet Need for Speed Heat nicht an! Ein großer Pluspunkt in meinen Augen. So dauert es zwar einige Zeit, bis man die richtig großen Autos fahren kann – die kosten nämlich einiges! – aber das mindert den Spielspaß auf gar keinen Fall. Insbesondere auch, da es neben den normalen Rennstrecken auf Asphalt auch Sand- und Driftkurse gibt. Diese benötigen immer ein anderes Tuning, um hier wirklich Siegchancen zu haben!
Hat man genügend Geld und das richtige Fahrzeug, dann kann man sich in der Garage ganz der Kaufsucht hingeben. Das beginnt bei der Karossiere, von Grill oder Motorhaube, Seitenspiegel bis zum Heckspoiler oder Auspuff – es gibt einiges und davon noch mehr! Selbst das Nummernschild lässt sich personalisieren. Da darf dann selbstverständlich auch der korrekte Lack in zahlreichen Farben nicht fehlen. Oder wie wäre es mit einer passenden Folierung? Dabei aber nicht das Tuning von Motor und anderen Bestandteilen vergessen! Je nach Kontostand kann man allein hier bereits einige Stunden investieren, denn nicht immer springen einen die Entscheidungen leicht entgegen.
Sobald man seinen Wagen entsprechend hergerichtet und die Wunscheinstellung gefunden, geht es zurück auf die Straße. Hier kann man auf der Karte ein Rennen auswählen und erhält direkt einen Hinweis auf den Leistungstyp. Ist dieser zu hoch, sollte man warten, bis man den eigenen Wagen verbessert hat und sich anderen Rennen widmen. Denn gerade als Anfänger kann man gegen die Konkurrenz in ihren Boliden einfach nicht gewinnen. Hat man aber selbst schon gut aufgerüstet, kann man dank fehlender Leistungsbegrenzung die Gegner in Grund und Boden rasen. Ob die Rennen bei Tag oder Nacht stattfinden bleibt einem übrigens immer selbst überlassen – manche Rennen, insbesondere Storyrennen, gibt es nur in der Nacht. Wichtig bleibt am Ende nur, dass man sowohl bei Tag als auch bei Nacht fährt, um genug Geld und Ruhm für neue Autos, Fahrzeug- und Tuningteile zu erhalten. Damit die eigene Herausforderung auch gewährleistet ist, gibt es hier drei Schwierigkeitsstufen zur Auswahl. So kommt sowohl der Anfänger als auch der Rennprofi auf seine Kosten!
Die Optik hat im Test begeistert. Am Tag je nach Wetter ein schöner blauer Himmel und Miami-Feeling oder ein düsteres Grau mit Regen. In der Nacht die leuchtende pulsierende Stadt mit ihren Neonfarben. Bewegungsunschärfe, Reflexionen und Regeneffekte runden diese Atmosphäre ab. Die Stadt an sich liefert hierbei auch viele Details – lediglich Bewohner scheint diese Stadt nur während eines Rennens herauszulocken, denn diese sind ansonsten nicht anzutreffen. Vielleicht sind es aber auch selbst alles Rennfahrer und den ganzen Tag im Auto unterwegs?
Die Steuerung ist zu beginn etwas schwammig und der kleinste Fehler wird nicht verziehen. Nach einiger Spielzeit verbessert sich dies aber spürbar und Rennen am Tag werden gemeistert und die Polizei in der Nacht sieht nur noch Staub. Ein besonderes Erlebnis war hier das erste Tuning des Nissans im Test – waren Kurven zuvor tatsächlich eine Herausforderung und mehr als einmal hat es mich herausgeworfen, so war dies nach den ersten 40.000 Dollar Ausgaben um Welten besser. Da merkt man den Fokus des Games auf dem Tuning und den Rennen. Daneben gibt es dann aber auch noch typische Sammelaufgaben, wie zum Beispiel Graffitis, welche man einsammeln kann. Diese und andere Nebenaufgaben sind eine Abwechslung zu den Rennen, bieten aber definitiv keine große Langzeitmotivation.
Leider beschleicht einen schnell das Gefühl, dass die Künstliche Intelligenz ihre Grenzen hat. Zum Beispiel handelt die Polizei immer wieder nach dem gleichen Muster. Während einer direkt hinter dem eigenen Fahrzeug klemmt, umfahren die anderen den Wagen und versuchen immer wieder in die Seite zu crashen. Dabei nehmen die Polizeiwägen mehr Schaden, als der eigene. Diese nehmen, bis auf wenige Ausnahmen, kaum Schäden. Es gibt zwar eine Schadensanzeige, diese sinkt aber erst, wenn man gefühlt jede Laterne und jede Mauer durchfährt. Auch die Streckenbegrenzungen bei den Tagrennen lassen nicht wirklich Schäden erkennen.
Der Soundtrack zu Need for Speed Heat ist dagegen besser. Aber auch hier hat die Reihe schon wesentlich bessere Sounds mitgeliefert, was einem insbesondere nach einiger Zeit und diversen Rennen bei denen immer wieder die gleichen Tracks spielen auffällt. Das ist Schade, weil der Sound der Wägen dafür umso besser ausfällt und sich auch gesondert tunen lässt.
Somit bleibt am Ende ein Need for Speed, das vieles besser macht als manche seiner Vorgänger – dann aber wiederum auch Dinge vermissen lässt, die nicht erst seit diesem Teil auf der Wunschliste so mancher Spieler stehen. Gleichzeitig bleibt sich Need for Speed auch in diesem Teil treu und erobert mit Begeisterung so manchen Arcaderennen-Fan!