Die Erwartungshaltung war riesig, als Ubisoft das erste Mal Skull and Bones ankündigte. Sofort steuerten die Gedanken in ein romantisch verklärtes Fahrwasser der Piraterie in der Karibik. Abenteuer, Säbel rasseln, Kanonenfeuer und Shantis die im Rauschen des Meeres und dem Wind ihren Weg suchen. Daraus geworden ist ein Spiel ohne richtige dichte Story und auch ohne Säbel schwingende Piraten – dafür Kanonenfeuer und Shantis, aber nicht in der Karibik sondern im indischen Ozean. Wo für viele bereits hier der Weg mit Skull and Bones aufhört, da Piraterie einfach nur mit der Karibik zu funktionieren scheint, gehen manch andere weiter.
Und das erste Feeling ist stimmig – intensive Seeschlachten mit einem guten Sound und überzeugender Grafik. Unser Schiff ächzt unter der Last der Fracht und dem Druck der Wellen, während wir die Position anderer Schiffe oder Wracks aus dem Krähennest vernehmen. Und oftmals lohnt ein genauerer Blick, wenn man Beute machen möchte. Zuvor werfen wir einen Blick durch unser Fernrohr um zu erfahren, ob wir es mit Niederländern, Franzosen oder anderen Piraten zu tun bekommt und was denn – zumindest offensichtlich – geladen ist. Und dann kann man abwägen, ob man sich auf zur Plünderfahrt macht oder nicht. Aber am Ende macht man es doch – denn mehr bietet Skull and Bones auch nicht. Es gibt zwar ein paar Quests und auch die Möglichkeit, Waren von einem zum anderen Ort zu verschiffen, aber am Ende des Tages bleibt Skull and Bones nur eine Sache wirklich: Das Versenken anderer Schiffe.
Aber auch wenn das Spiel im ersten Moment mehr verspricht – das, was es bietet, macht es wirklich gut. Und um dieses Thema dreht sich auch der komplette Gameplay-Loop – wir versenken feindliche Schiffe, um wiederum unseres aufzurüsten und bessere Waffen, andere Schiffstypen und sonstige Vorteile zu erhalten. Um dann wieder raus auf das Meer zu segeln und wiederum größere Schiffe, Festungen und mächtigere Bosse zu bekämpfen. Oder alternativ auch in PvP-Events gegen andere Spieler. Das alles steigert unsere Ruhmstufe, die unseren Status innerhalb der Gesellschaft der Piraten darstellt. Hier können wir von der Landratte bis zum Kingpin aufsteigen.
Schön ist, dass die verschiedenen Schiffstypen und Waffentypen sich auf dem Meer und im Kampf auch deutlich voneinander unterscheiden. Die Motivation, hier immer andere und bessere Modelle freizuschalten, treibt einen hinaus aufs Meer. Bei den Schiffsklassen unterscheidet Skull and Bones zwischen drei Verschiedenen: Für viel Schaden nutzen wir ein Schiff der Klasse DPS, möchten wir viel Schaden einstecken ist ein Tank sinnvoll – wollen wir aktiv im Multiplayer mit unseren Verbündeten die Meere erleben, so nutzen wir ein Support Schiff, um zum Beispiel Heilung wirken zu können.
Der Multiplayer wirkt zudem gut ausgereift. Zu zweit haben mir die Seekämpfe spürbar Spaß bereitet, aber auch allein war es selten eine wirkliche Schwierigkeit. Das mag daran liegen, das Skull and Bones hier nicht viel Realismus oder Komplexität für sich beansprucht. Aber dennoch kann man sich eine gemeinsame Strategie zurechtlegen, um mehr aus den Kämpfen herauszuholen. Und das ist wie gesagt auch wichtig, damit wir ausreichend Ressourcen erhalten. Erhaltene Rohstoffe kommen in den Ausbau des Schiffs oder der Waffen. Mit Silber können wir uns Baupläne oder kosmetische Veränderungen erwerben. Wenn etwas fehlt, dann können wir uns diese Waren im Handelsposten kaufen. Im späteren Spielverlauf kommen zudem weitere Währungen dazu – so müssen wir Monster erlegen oder ein Geisterschiff zerstören, um passende Ressourcen zu erhalten. Aber teilweise dauert es extrem lange, um genügend Währungen zu sammeln, um auch nur Kleinigkeiten zu erhalten. So motivierend das Spiel auch in seinem Gameplay ist, so frustrierend kann es sein, wenn man dann Ewigkeiten braucht, um nur einen kleinen Fortschritt zu machen.
Doch neben all diesen Punkten gilt es auch, dass wir unsere Crew versorgen und das Wetter im Blick behalten. Haben wir keine Lebensmittel an Board, erschöpft unsere Crew schneller und wir haben keine Chance, diese Ausdauer wieder aufzufüllen. Segeln wir gegen den Wind, sind wir spürbar langsamer unterwegs. Besonders spannend sind die Stürme, denn hier verlieren wir oft mal ein wenig den Überblick – wobei das abhängt, davon, welche Ansicht wir nutzen. So können wir auf dem Schiff eine Perspektive aus dem Krähennest einnehmen, unser Fernrohr nutzen oder auch in der Third-Person oder First-Person Sicht spielen. Besonders letztere bietet einen gewissen realistischen Blickwinkel, der besonders bei Monsterwellen spannend ist.
Was allerdings fehlt ist das Gefühl, als Pirat auch zu Land unterwegs zu sein. Den Großteil zu Fuß verbringen wir definitiv in Sainte-Anne, den ersten Quest und Handwerkshub. Hier erhalten wir unsere erste Hauptmission, wenngleich sich keine richtige Story entwickelt. Auch geben wir hier die Herstellung von Schiffen, Waffen und anderen Dingen in Auftrag, die von den lokalen Handwerkern erledigt werden. Aber davon abgesehen ist es mit dem Anlegen eher rar gesäht. Es gibt ein paar festgelegte Außenposten oder neben Sainte-Anne noch den zweiten Hub, Telok Penjarah. Auch beim Plündern von Festungen und anderen Gebäuden greifen wir immer nur vom Schiff aus an und verlassen dieses nicht. Stattdessen scheint unsere Crew zu plündern und die Beute als goldene Kiste einfach ins Wasser zu werfen.
Technisch lief Skull and Bones im Test sowohl auf XBox als auch auf dem PC flüssig. Dennoch war das Spiel nicht gänzlich Bugfrei und so wurde zum Beispiel längere Zeit eine Meldung angezeigt, die an dieser Stelle fehlerhaft war. Wartezeiten um einen Server zu gelangen waren vorhanden, hielten sich aber in Grenzen.
Insgesamt liefert Skull and Bones eine schöne Piratenerfahrung – allerdings nicht in dem Umfang, welchen man anfangs erwartet hätte. Die Motivation ist gerade zu Beginn riesig und man möchte dranbleiben. So richtige Freude kommt im gemeinsamen Spiel mit Freunden auf. Leider ist die Lootspirale, so motivierend sie auch ist, bereits ab der Mitte des Spiels so langwierig, das hier schnell ein Gefühl von „Liste abhaken“ aufkommt. Am Ende des Tages bleiben also eindrucksvolle Seeschlachten in einer Schleife von Sammeln und Aufrüsten, bis wir die höchste Ruhmstufe erlangt haben. Das alles ohne ernsthafte Story und auch ohne das Flair, den die Karibik statt dem indischen Ozean geboten hätte. Wobei dieser optisch zu überzeugen weiß. Dennoch darf man kein neues Black Flag erwarten. Wem die Seeschlachten aber ausreichen, der wird hier glücklich.